Unternehmenskultur 2.0* – Wir sind erwachsen!

Die Softwareentwickler machen vor, was Selbstorganisation bedeutet. Weit weg von politischen  Ansätzen, findet man den starken Willen einer sehr individualistischen Berufsgruppe, sich gemeinschaftlich zu organisieren:

Die Softwareentwickler arbeiten schon länger mit agilen Techniken, was bedeutet, dass sie in kleinen Teams mit klaren Regeln verantwortungsbewusst und auf stete Verbesserung bedacht ihre Programmierarbeiten organisieren.

Was zwängt ein und was gibt Form?

Was programmiert wird, bestimmt natürlich der Kunde oder das Management. Die Anforderungen so zu beschreiben, dass sie auch vernünftig gelöst und umgesetzt werden können, ist allerdings schon wieder Sache des Teams. In regelmäßigen, kurz aufeinander folgenden Zyklen wird die Software in Hinblick auf die Anforderungen überprüft. Obwohl diese agilen Methoden deutlich besser funktionieren als die hierarchisch strukturierten bleiben das Management oder der Einkauf noch kritisch, die gerne zuverlässige Aussagen in Bezug auf die Aufwände haben wollen.
Eine wesentliche Grundlage für agiles Programmieren ist Vertrauen, gegenseitiger Respekt und stetige Verbesserung. Man sieht gleich, wo es bei der Vertragsgestaltung* zu Problemen kommen kann…

„Die Arbeit selbst ist FLOW, das Gefühl, das Richtige im richtigen Rhythmus zu tun, weshalb ich meine Arbeit liebe…“ sagt Alexander Jäger, Head of Development bei der Bigpoint GmbH. Und damit spricht er der Gemeinschaft der Softwareentwickler aus dem Herzen. Sie wollen arbeiten! Kreativität und Fachwissen treiben die Personen durch den Fluss der Anforderungen zum Erfolg. Dafür arbeitet man!
Der Erfolg macht sich nicht am Geld fest. Es geht nicht darum, die Karriere voranzutreiben, nein, man arbeitet für den Erfolg der Firmen, der eigenen und der des Kunden. Schön, wenn es klappt:  Ein super Stück Software nach der anderen wird vom Team den Nutzern übergeben. Es geht um das schöne Gefühl, dass gut getane Arbeit oder Arbeit überhaupt einem geben kann.

Form wahren - Status zeigen

Wer das versteht, holt keine Externen in die Teams, lässt die Teams in Ruhe entwickeln und kann sich als Manager den Aufgaben widmen, die von ihm verlangt werden.
Durch die agilen Regeln kann er ja in kurzfristigen Abständen (1-4 Wochen) lauffähige Stücke der Arbeit sehen. Reicht doch, oder?

Nach Alexander Jäger besteht die Aufgabe des Managements darin, die Richtung vorzugeben, den Überblick zu behalten und Hindernisse aus dem Weg zu schaffen.

Dr. Johannes Mainusch, IT-Leiter bei Otto geht noch weiter: „Als Manager ist es meine Aufgabe, ein Experte zu werden in der Kommunikation mit Menschen, Vertrauen und Respekt zu geben und sich wert zu machen für Vertrauen und Respekt. Diesbezüglich bin ich Rollenvorbild. Es geht darum, den Leuten zu ermöglichen, mit mehr Erfolg zu arbeiten und den zukünftigen Erfolg der Firma im Auge zu behalten. Grenzen, die ich setze, sollen wie Leitplanken mit großem Abstand zu alltäglichen Entscheidungen sein, so dass sie eine Richtung geben und nicht die Freiheit des Einzelnen beschneiden.

In den Firmen kommt allmählich die Aufklärung*** an!

Anhang:

*Titel des Vortrags von Lars Jankowsky, CTO Yatego GmbH, auf der Developer Conference Hamburg, 2012   – Nur der Titel wird zitiert, nicht der Inhalt des Vortrages

**Andre Collet von der CoreMedia AG stellte auf der Developer Conference 2012 in HH gute Ideen vor, wie man Festpreise für agile Projekte gestalten könnte: Der Vertrag sieht jeweils Festpreise für einzelne Sprints vor. Dadurch kann der Umfang des Gewerks zeitnah und realistisch eingeschätzt werden und das Team hat das notwendige Vertrauen und den Freiraum, seine Arbeit erfolgreich zu bewältigen.

Ergebnis einer Teambefragung von Dr. Johannes Mainusch – Was wünschen die Entwickler sich von ihrem Management:
„Das Management sollte die langfristigen strategischen Ziele erklären, aus Fehlern lernen, jeden mit Stärken und Schwächen im Blick haben, mehr Verantwortung übertragen, Dinge durchzuboxen, wenn nötig, das Ergebnis der Teamarbeit in die bestehende Systemlandschaft einbinden, so dass insgesamt mehr für das ganze Team herauskommt und es erfolgreich ist.“

John Locke (1632-1704) hält in seinem Werk „Two Treatises of Goverment“ eine Regierung nur für legitim, wenn sie die Zustimmung der Regierten besitzt. Die aufgeklärten Herrscher (z.B. Friedrich der Zweite) sahen sich als „erster Diener des Staates“, die das Naturrecht ihrer Untertanen auf Leben, Freiheit und Eigentum zu beschützen hatten.

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Eine Antwort auf Unternehmenskultur 2.0* – Wir sind erwachsen!

  1. Gilbert sagt:

    Toller Artikel. Ich sehe auch, dass das vor allem in Entwickler-Teams klappt und bemühe mich, diesen Spirit auch auf andere Teams zu übertragen oder zumindest nicht im Weg zu stehen, wenn das ganz “natürlich” passiert. Denn agile Methoden eignen sich für Software-Entwicklung, aber auch für Projekte darüber hinaus. Das Mainusch-Zitat sollte sich jeder Manager ausdrucken und über dn Schreibtisch hängen und dreimal pro Tag davor auf die Knie fallen.

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