Techniken zur Erfassung der Unternehmenskultur (1)

Theorie: Unternehmenskultur analysieren mit der Repertory-Grid-Technik

Wenn wir sehen, tasten wir nicht Punkt für Punkt eines Bildes ab. Das würde viel zu lange dauern. Wir erkennen Muster, die uns wahrscheinlich erscheinen. Das, was wir so erkennen, wird dann interpretiert, und wir handeln so, wie es wahrscheinlich von uns erwartet wird – oder so, wie wir es auf Grund unserer Interpretation für richtig halten.
Aus der Umwelt wahrgenommenes trifft nun wieder auf Umwelt.
Ist irgendwo in dieser Reiz/Reaktion-Kette ein Fehler, müssen wir uns überprüfen.
Simples Beispiel: Wir meinen ein Vorfahrt-Schild gesehen zu haben und fahren zügig über die Kreuzung. Wenn wir die Ampel daneben übersahen, kann es zu einem Unfall kommen. Hat es erst mal gerummst, überprüfen wir das, was wir wahrgenommen haben. Mit der Einsicht des Fehlers beginnt ein Korrekturprozess. – Meist eine schmerzliche Sache.

Allegorie der Wahrheit

Jost Amman, 1562: Allegorie der Wahrheit. Die Wahrheit kann manchmal ganz schön kompliziert sein...

Wenn man davon ausgeht, dass es keine objektive Wahrnehmung geben kann, da die Realität viel zu komplex für unsere Sinne ist, kann man weiter sagen, dass unsere gesamte Persönlichkeit aus Vermutungen über die Wirklichkeit besteht. Je näher diese Vermutungen als persönliche Konstruktionen der Realität kommen, desto besser funktioniert eine Person in der Umwelt.
In Kellys „Psychologie der persönlichen Konstrukte“ (1955) wird eine Technik vorgestellt, wie man die Vermutungen, nach denen ein Wesen die Wirklichkeit wahrnimmt, interpretiert und korrigiert, erkennen kann: die Repertory Grid-Technik.
Persönlichkeiten bestehen nach Kelly aus Vernetzungen von Begrifflichkeiten (Ähnlichem und Gegenteil), die die Welt uns verständlich und berechenbar machen. Es geht ihm nicht um objektives Richtig-Falsch sondern um funktionierende Konstrukte: also Annahmen über die Realität, die praktikables Verhalten verursachen.
Die Repertory Grid-Technik wird auch zur Analyse und „Behandlung“ von Unternehmenskultur genutzt.


Grob vereinfacht funktioniert der Einsatz so, dass die wesentlichen Faktoren, die das Unternehmen durch seine Kultur erfolgreich machen sollen, gesammelt werden. Aussagen dazu werden auf einer differenzierten Skala bewertet. Die Bewertung wird nicht nur zum Ist-Zustand sondern auch zum Soll-Zustand und in manchen Fällen auch in Relation zur Vergangenheit vorgenommen.

Messen, werten, optimieren/Erfolg durch Unternehmenskultur/Ein Leitfaden für die Praxis Aus dem Beitrag von Dr. Andrea Krafft, Malik Management Zentrum St. Gallen, BertelsmannStiftung 2006

So vereinfacht ist das Ganze praktikabel. Das Schaubild lässt Handlungsbedarf klar erkennen.
Es ist ein sehr flexibler Ansatz. Da er auf einem phänomenologischen Verständnis basiert, wird versucht, möglichst nah an die Innensicht der Unternehmenskultur zu kommen.“ sagt Prof. Dr. Sonja Sackmann, die diese Technik untersucht und bewertet hat.
Allerdings,räumt sie ein, ist die Anwendung aufwändiger als ein Standardfragebogen, ergänzt aber: “dafür erhalten Sie in Bezug auf die Organisation relevante Daten.“
Das Plus der Methode ist also, dass sie die wichtigen Fragen spezifisch auf das Unternehmen und dessen Problematik erst gefunden werden und nicht einfach auf Standards zurückgegriffen wird.
Der Nachteil: Es ist ein aufwendiges Verfahren, dass nicht nur Wissen sondern auch Geschick und Intuition der Berater erfordert. Dem entsprechend fehleranfällig ist es.

 
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